Heute (8. März) ist Internationaler Frauentag. Seit 1911 wird dieser Tag gefeiert, an dem weltweit auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam gemacht wird. Auch in der Gegenwart stoßen Frauen u. a. in der Arbeitswelt noch auf zahlreiche Vorurteile – erst recht, wenn sie im technischen Bereich unterwegs sind wie unser Westfalen Geschäftsleitungsmitglied Dr. Susanne Dilsen. Unser Head of Production & Engineering berichtet im Interview über ihre Erfahrungen und erklärt, was Männer und Frauen voneinander lernen können.
Susanne, „Frauen und Technik… Wie soll das denn funktionieren?“ – Mal ehrlich: wie oft hast du diesen Satz in deiner Karriere schon gehört?
Ich habe den Satz durchaus schon öfter gehört und ehrlich gesagt habe ich oft auch versucht, diesen Satz zu überhören. (Lacht) Auf mich passt dieser Satz so gar nicht und das habe ich auch meinen Eltern zu verdanken. Mein Vater ist Bauingenieur und hat mir handwerklich schon als Kind viel gezeigt. Heute kann ich auch deshalb zum Beispiel selbst Lampen anschließen, Waschmaschinen reparieren oder Zylinderkopfdichtungen austauschen. Ich habe mich einfach getraut nach dem Motto „Wenn etwas kaputt ist, kann ich es ja nicht noch kaputter machen“.
Trotzdem die Frage, vielleicht auch unabhängig von dir selbst - Ist an dem Satz irgendetwas dran?
Naja, ich kenne auch Männer, die im technischen Bereich eher unbegabt sind. Ich glaube trotzdem, dass Frauen bei technischen Dingen noch Nachholbedarf haben. Das liegt auch an den Rollen, die uns durch viele Generationen geprägt haben. Stichwort: Der Mann jagt, die Frau kümmert sich ums Nest. Das klingt vielleicht komisch, aber ich glaube, das ist an vielen Stellen immer noch im Unterbewusstsein verankert.
Welche Vorurteile sind dir in deiner Karriere sonst noch so begegnet?
Ich erinnere mich an ein Erlebnis, als ich als junge Frau in meine erste internationale Führungsposition aufgestiegen bin. Mein Konkurrent war ein Mann mit viel Erfahrung. Er sagte mir dann später im Vertrauen: Du weißt, dass du den Job nur bekommen hast, weil du eine Frau bist.
Wie hast du reagiert?
Ich habe ihm gesagt: Lass uns zusammenarbeiten, uns die Zeit nehmen, unsere Arbeitsweisen besser kennenzulernen und dann wirst du herausfinden, warum ich den Job bekommen habe. Wir waren dann später ein tolles Team, haben gut zusammengearbeitet und sehr gute Ergebnisse für das Unternehmen erzielt. Wir tauschen uns heute noch miteinander aus, da wir beide gelernt haben, unsere Unterschiedlichkeit zu schätzen und zu nutzen.
Du hast einen Doktor in Biotechnologie – Rund 60 Prozent der Studierenden in den Fächern Biologie und Biotechnologie sind laut Statistischem Bundesamt weiblich. Trotzdem ist der Anteil an Frauen in technischen Bereichen durch alle Hierarchiestufen eher gering. Woran liegt das deiner Meinung nach?
Da gibt es aus meiner persönlichen Sicht zahlreiche Gründe. Einer der wichtigsten ist sicherlich auch hier das Rollenverständnis. Wenn wir uns die typische Führungskraft vor allem in technischen Berufen vorstellen, dann sieht diese doch immer noch so aus: Männlich, grauer Anzug, verheiratet, zwei Kinder, die Frau kümmert sich um die Kids. Das lässt sich nur langsam aufbrechen. Und sicherlich tragen wir Frauen auch dazu bei, dass wir in Führungspositionen, nicht nur im Bereich Technik, unterrepräsentiert sind.
Inwiefern?
Das kann schon bei der Bewerbung anfangen – unser Perfektionismus holt uns ein. Eine Frau, die vielleicht 9 von 10 der gewünschten Fähigkeiten in der Stellenausschreibung hat, denkt: hmm, perfektes Englisch in Wort und Schrift habe ich nicht. Dann kann ich mich nicht bewerben. Männer sind da oft selbstbewusster. Die haben im gleichen Fall weniger der gewünschten Fähigkeiten und denken – den Rest schaffe ich auch. (lacht)
Uns Frauen fehlt manchmal auch die Risikobereitschaft oder der Mut. Aber die hierarchischen Strukturen machen es uns auch nicht gerade leicht. Männern fällt es oftmals leichter, sich in einer hierarchischen Ordnung wiederzufinden. Allein wenn wir uns die Herkunft des Begriffs „CEO“ anschauen – „Chief Executive Officer“, ein Begriff aus dem Militär. Natürlich ist es beim Militär wichtig, dass einer das Sagen hat. Aber in Wirtschaft und Gesellschaft haben sich die Zeiten geändert. Teamarbeit und Netzwerke sind sehr viel wichtiger geworden, um als Organisation nachhaltig Erfolg zu haben. Und Frauen sind eher netzwerkorientiert.
Du bist bei Westfalen als Head of Production and Engineering tätig und leitest damit einen sehr technischen Bereich. Wurdest du sofort ernst genommen?
Die Menschen bei Westfalen sind mir vom ersten Tag an mit sehr großem Respekt begegnet. Es war sicherlich ein Thema im Flurfunk, vor allem, dass eine neue Führungskraft ins Unternehmen eintritt, die die Nachfolge eines Mannes, der 20 Jahre in der Rolle gewesen ist, antritt. Inwieweit das Geschlecht dabei eine ausschlaggebende Rolle spielt, weiß ich nicht. Jetzt bin ich seit rund neun Monaten hier, die Kolleg:innen kennen mich, und ich fühle mich in meiner Rolle als Führungskraft eines technischen Bereichs ernst genommen.
Haben es weibliche Führungskräfte generell schwerer oder leichter?
Sowohl als auch. Wir haben es wie erwähnt teilweise schwerer, weil die Rollenbilder in unserem Unterbewusstsein noch vorhanden sind. Vielleicht haben wir es dadurch auch in anderen Bereichen leichter, weil uns erstmal weniger zugetraut wird. Da kann es dann einen spannenden „Überraschungsmoment“ geben, den wir für uns nutzen können (lacht).
Was können Männer und Frauen im Job und in puncto Karriere voneinander lernen?
Vieles. Ich habe von Männern im Job zum Beispiel gelernt, klarer zu sein, als Führungskraft eine klare Erwartungshaltung zu formulieren, konkret: weniger „könnte, würde und vielleicht“ zu nutzen, denn Klarheit hilft den Mitarbeitenden zu verstehen, wo ich hinwill. Ich habe immer wieder Männer kennengelernt, die sich selbst anders wahrgenommen haben, als ihr Umfeld sie wahrnimmt. Hier denke ich, dass noch besseres Zuhören dazu beiträgt, sich noch besser zu reflektieren.
Hast du einen generellen Tipp für Frauen, die als Führungskraft in technischen Berufen Fuß fassen möchten?
Was mir sehr geholfen hat: ich habe mir Mentor:innen und Sparringspartner:innen an meine Seite geholt, intern und extern, Frauen und Männer. Ich glaube Austausch hilft, das System, in dem wir arbeiten, besser zu verstehen und den eigenen Weg zu finden. Das ist ein bisschen wie Schachspielen lernen. Nur wenn ich die Regeln kenne, kann ich mitspielen und gewinnen.
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